Benediktiner-Chef präsentiert Rock-CD Abrocken mit Pater Notker Schon den ganzen Tag über war Wolf von Presse, Radio und Fernsehen belagert und gab Interviews. Wie viele es bis zum späten Abend waren, als er sich endlich sein Pfeifchen anzünden konnte, weiß er nicht. "Fragen Sie mich etwas Leichteres." Nicht weltabgewandt Wolf will so gar nicht in das Klischee des weltabgewandten Klostermenschen passen. Ungewöhnlich ist der oberste Benediktiner allemal: Der gebürtige Allgäuer trat 22-jährig in den Orden ein, studierte in Rom und war von 1977 bis 2000 Erzabt des Klosters St. Ottilien rund 30 Kilometer westlich von München. Die Band "Feedback" wurde von Schülern des Ordensgymnasiums gegründet; sie macht Rockmusik im Stil von Südstaatenbands wie etwa ZZ Top. Was da aus den Lautsprechern klang, ist gute Handelsware. Die Band hat zumal im Umfeld der Schule viele eingefleischte Fans, von denen viele den Weg in den Club gefunden haben und für beste Stimmung sorgten. Musik, mal etwas härter, mal balladiös. Ungern streuten sich da ein paar Salzkörner ins musikalische Weihwasser, denn das Abrocken mit dem Abtprimas ist im gitarristischen Teil eher das Produkt kluger PR als künstlerischer Leistung. "Die haben mir ein paar Riffs beigebracht, aber mein eigentliches Instrument ist die Querflöte", bekennt der rockende Mönch freimütig. Das stellte er eindrucksvoll mit seinem schwungvoll geblasenen Solo in Jethro Tull's "Locomotive Breath" unter Beweis. Der Titel hat auch schon in ganz anderen Kreisen für Stimmung gesorgt: "Wenn ich das meinen Nonnen vorspiele, schmelzen sie dahin." Erfolgsdruck kennt der 62-Jährige aber nicht, schon gar nicht als Musiker: "Es ist mir wurscht, wie viel ich erreiche. Das ist dem Herrgott seine Sache." "Highway to Hell" ironisch nehmen Rockmusik muss für Wolf nicht unbedingt mit christlichen Inhalten verbunden sein. "In Liedern wie etwa 'My best friend' geht es nicht um Gott - das wäre mir auch zu platt." Dass christliche Fundamentalisten Rockmusik gerne als Teufelszeug verdammen, hält Wolf für abwegig. "Fundamentalisten ist mit Argumenten nicht beizukommen. Das hat mit Glauben nichts zu tun, sondern mit psychischen Strukturen." Lieder wie "Highway to Hell" solle man doch eher ironisch nehmen. "Ich habe ein loses Mundwerk", bekennt der Ordensmann, der aus genauso vollem Herzen über die übertriebene Bigotterie von "Sakristeiwanzen" lästern und gegen aktuelle politische und kirchliche Korrektheiten polemisieren kann. Bei der unvermeidlichen Frage nach Groupies lächelt er und schmaucht vergnügt seine Pfeife. Für ihn ist die Kirche dort, wo die Menschen sind. Er kann von Visionen erzählen, und dann wieder von ganz realen Dingen: von irakischen Studierenden in Rom, von ihren brennenden Sorgen um die Verwandten in der Heimat. Dass der Abtprimas nun eine Rock-CD aufgenommen hat, rief selbst die römische Glaubenskongregation auf den Plan. "Der Ratzinger hat geschmunzelt", erzählt Wolf. Der Präfekt habe bange nachgefragt: "Gell, Sie machen doch auch noch andere Musik, oder?" Mit seiner Querflöte agiert Wolf tatsächlich eher in klassischen Gefilden, er ist Mitglied in einem Ensemble, das mehr Mozart als Meat Loaf zugeneigt ist. Text und Foto: KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH, 19.05.03
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